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BGH zu Bearbeitungsgebühren in Verbraucherdarlehen

BGH erklärt formularmäßig erhobenes Bearbeitungsentgelt in Verbraucherdarlehen für unzulässig und begründet Rückzahlungspflicht der darlehensgebenden Bank.
(BGH, Urt. v. 13.05.2014, Az. XI ZR 405/12; Urt. v. 13.05.2014, Az. XI ZR 170/13)

Der Bundesgerichtshof hat sich in zwei lange erwarteten Entscheidungen, beide ergangen am 13.05.2014, grundlegend zur Frage der Zulässigkeit von formularmäßig vereinbarten Bearbeitungsentgelten in Verbraucherdarlehensverträgen geäußert und mit seiner nunmehr geäußerten Rechtsauffassung, diese als unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers für unzulässig zu erklären, seine noch bis vor einigen Jahren verfolgte gegenteilige Rechtsprechung aufgegeben.

So hat der BGH zunächst klar gestellt, dass in Formverträgen vereinbarte Bearbeitungsgebühren grds. einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen, da es sich hierbei nicht um die vom Darlehensnehmer geschuldete Vergütung für die Bereitstellung des Darlehenskapitals - nämlich den Zins - handelt, sondern um auf den Verbraucher abzuwälzende Kosten der Vertragsvorbereitung und des Vertragsabschlusses. Hiermit stellt der BGH auch zugleich den inhaltlichen Maßstab für solche unzulässigen Zusatzkosten auf, indem er hier all jene erfasst sieht, die eine einmalige pauschale und somit keine laufzeitabhängige Vergütung der kreditierenden Bank darstellen.

Mit der damit feststehenden grds. Eröffnung der Kontrollmöglichkeit derartiger Gebühren hat der BGH deren Übernahme durch den Verbraucher sodann auch aus gleich mehreren Gründen für unzulässig erachtet: Zunächst sei es der kreditierenden Bank nach allgemein anerkannten Grundsätzen verwehrt, allein in ihrem ureigenen Interesse anfallende Kosten durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auf den Verbraucher abzuwälzen. Weiter ist die zusätzliche Vergütung der kreditierenden Bank für solche Vertragsnebenkosten nicht mit dem gesetzlichen Leitbild des Darlehensvertrages vereinbar, da Darlehensgeberin für ihre allein maßgebliche Vertragsleistung, nämlich das Zurverfügungstellen von Kapital für eine vereinbarte Laufzeit, bereits mit dem vereinbarten Zins bezahlt wird und sich eine zusätzliche Bezahlung, etwa durch Bearbeitungsgebühren folglich verbietet. Hierin liegt schließlich die unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers/Verbrauchers, der vor einer solchen zusätzlichen Inanspruchnahme zu schützen ist.

Die in derartigen Fällen gezahlten Vertragsnebenkosten sind dem Darlehensnehmer folglich zu erstatten. Noch nicht abschließend durch den BGH entschieden ist jedoch die Frage, von welchem Zeitpunkt an diese Rückforderungsansprüche des Verbrauchers zu verjähren beginnen, wovon ein ganz erheblicher Teil der aktuell in Frage stehenden Bearbeitungskosten betroffen ist. Eine grundlegende Entscheidung des BGH ist wohl noch im Jahr 2014 zu erwarten, da hier weitere Verfahren anhängig sind (Az. XI ZR 348/13 und Az. XI ZR 17/14).

Praxistipp:

Für den Darlehnsnehmer/Verbraucher besteht mit dieser Rechtsprechung des BGH nunmehr Gewissheit, dass solche sog. "laufzeitunabhängigen Vertragsnebenkosten" aus Verbraucherdarlehn, wie sie Bearbeitungsgebühren rglm. darstellen, zurückgefordert werden können. Wichtig zu beachten ist hierbei - neben der noch nicht abschließend geklärten Frage der Verjährung solcher Rückforderungsansprüche - die jeweilige Art der von der kreditgebenden Bank verlangten Gebühren.

Diese tragen je nach Bank und Vertragsart/-gestaltung die unterschiedlichsten Bezeichnungen, wie etwa Bearbeitungsgebühr, Abschlussgebühr, Abschlusskosten, etc., worin auch derzeit einer der Hautansatzpunkte der Banken gegenüber den betroffenen Verbrauchern liegt, sich der Rechtsprechung des BGH zu widersetzen. Entscheidend ist hier für den Darlehensnehmer, sich die Natur der verlangten Gebühr vor Augen zu halten und daraufhin zu untersuchen, ob es sich um "laufzeitunabhängige Vertrags(neben)kosten" handelt. Denn nur solche sind nach der BGH-Rechtsprechung unzulässig, bei laufzeitabhängigen Kosten handelt es sich um den rechtmäßig zu erhebenden Zins der Bank.

Eine gute Kontrollfrage, um sich einer solchen Bewertung zu nähern, ist diejenige danach, ob im Fall einer vorzeitigen Beendigung des Darlehensvertrages diese Kostenposition (anteilig) von der Bank zu erstatten wäre oder nicht. Im letzteren Fall handelt es sich stets um eine Kostenposition, die unabhängig von der Laufzeit erhoben wird und damit unzulässig ist.

Auszüge aus der BGH-Entscheidung: (Hervorhebungen sind nicht Bestandteil der Originalentscheidung)

Leitsätze:

1. Eine Bestimmung über ein Bearbeitungsentgelt in einem Darlehensvertrag zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher ist auch dann vorformuliert im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn das Bearbeitungsentgelt nicht in bestimmter Höhe in einem Preisaushang oder einem Preis- und Leistungsverzeichnis ausgewiesen ist. Ausreichend ist, dass das Bearbeitungsentgelt - wie hier beim Abschluss eines Online-Darlehensvertrages - zum Zwecke künftiger wiederholter Einbeziehung in Vertragstexte "im Kopf" des Kreditinstituts als Klauselverwender gespeichert ist, anhand der Daten des individuellen Darlehensvertrages nach bestimmten Vorgaben errechnet und sodann in den Vertrag einbezogen wird.

2. Eine solche Bestimmung unterliegt - nicht anders als der Inhalt eines Preisaushangs oder eines Preis- und Leistungsverzeichnisses - als Allgemeine Geschäftsbedingung der richterlichen Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB) und ist im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Aus den Gründen:

[…]

[33] § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierunter fallen […] zwar weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt, sind hingegen der Inhaltskontrolle unterworfen.

[38] Das Bearbeitungsentgelt soll insbesondere den vorvertraglichen Aufwand abgelten, der im Zusammenhang mit der Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers und der Vertragsvorbereitung, so etwa für die Führung der Kundengespräche, die Erfassung der Kundenwünsche und Kundendaten anfällt […]. Darüber hinaus deckt es […] die Kosten, die für die Ausfertigung und Prüfung des Vertrages, die Beschaffung und Ausreichung der Darlehensvaluta sowie möglicherweise auch für nach Vertragsschluss erforderliche weitergehende Abwicklungs-, Prüfungs- und Überwachungstätigkeiten anfallen […].

[52] Zins im Rechtssinne ist jedoch lediglich die nach der Laufzeit des Darlehens bemessene, gewinn- und umsatzunabhängige Vergütung für die Möglichkeit des Gebrauchs des auf Zeit überlassenen Kapitals […].

[73] Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar, wenn Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt.

[74] Hinzu kommt, dass das Entgelt für die Gewährung der Möglichkeit zur Kapitalnutzung nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB laufzeitabhängig ausgestaltet ist […].

[84] Maßgeblich gegen die Angemessenheit eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts in Verbraucherdarlehensverträgen spricht, dass hiermit […] nicht bloß unerhebliche Nachteile für die Kunden bei der Vertragsabwicklung verbunden sind.

[86] Hinzu kommt, dass sich die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts im Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung zu Lasten des Kunden auswirkt. Kündigt er das Darlehen oder zahlt er es vorzeitig zurück, verbleibt der Beklagten das laufzeitunabhängige Bearbeitungsentgelt selbst bei nur kurzer Vertragslaufzeit in voller Höhe.